Sonntag, 18. Dezember 2011

Gefühlschaos.

Die letzte Zeit ist gefühlsmäßig sowieso eine Achterbahn. Aber gestern und heute sind so extrem wie lang nicht mehr, und dabei hat heute gerade erst angefangen.

Gestern Abend war schlimm. Mir ging es den Tag über schon sehr seltsam, hatte starke Stimmungsschwankungen, aber der Abend hat alles getoppt.

Ich war mit R. gestern am frühen Abend bei seinem Nachbarn, den ich auch schon länger per Internet kannte, aber noch nie getroffen habe, bis gestern. Als wir uns dann gerade verabschiedet haben zeigt R. mit eine Sms, von N., meinem Freund, welche gerade ankam. Dass er in eine Klinik eingewiesen wurde.
Erste Reaktion: Schock. Ich hatte 3 Wochen nichts von ihm gehört, nur R. sagte ein mal, dass er eine Sms von ihm bekommen hat. Und dann plötzlich sowas. Mein Handy hatte ich bei ihm liegen lassen, also wusste ich nicht, ob er mir auch geschrieben hat. Aber ich hatte schon das Gefühl, dass er es nicht getan hat. Wir sind dann zu R. gegangen. Ich war von Sekunde zu Sekunde aufgewühlter, bin, als die Haustür offen war, direkt mit Schuhen in sein Zimmer gegangen und hab auf mein Handy geschaut.
Keine neue Nachricht.
Handy weggepackt. Raus gerannt. Zum Wald. Einfach weg. Weg. Weg.
Zweite Reaktion: Wut. Wie konnte er das nur tun? Was bildete er sich eigentlich ein? Meldet sich wochenlang gar nicht und dann schreibt er IHM, dass er eingewiesen wurde? IHM, nicht MIR, seiner Freundin?! Was zur Hölle denkt er sich dabei?!
Irgendwann hab ich hinter mir Schritte gehört. R. lief mir nach. Ich weiß nicht, wie lange ich gegangen bin. Vielleicht ein paar Minuten, vielleicht eine Stunde. Jeder Moment zog sich unendlich lang. R. kam näher, rief meinen Namen, wollte mich am Arm packen. Ich schrie ihn an. Ging weiter. Er hinterher. Ich schrie. Immer und immer wieder. Ich schrie ihm all meinen Zorn ins Gesicht, war so schrecklich wütend, so enttäuscht. R. lief mir noch immer nach, war schon total ausser Atem. Ich schrie, er solle mich nicht anfassen, mich in Ruhe lassen. Irgendwie gab ich ihm in dem Moment die Schuld. Ich sagte ihm Dinge, von denen ich mir sicher war, sie würden ihn verletzen. Es war mir egal, wie es ihm ging. Ich sah nur mich und meine Wut und meinen Schmerz. Und da ich ihm für einen Moment eh einen Teil der Schuld gab, fand ich es nur fair, wenn er auch litt. Auge um Auge.
Dritte Reaktion: Schmerz. Es tat so weh. Wie konnte er mir das nur antun? Ich konnte nicht weinen, fühlte mich auf einmal so taub. Das Gefühl war furchtbar. Ich ging zu R., mein ganzer Zorn war auf einmal weg. Ich vergrub mein Gesicht in seiner Schulter, er nahm mich in den Arm, und es fühlte sich an, als würde er mir auf diese Art einen Teil der Last nehmen. Dann kamen die Schuldgefühle. Ich sagte ihm, wie leid mir das tut. Es war ihm gegenüber so unfair wie ich mich verhielt. Dann löste ich mich aus der Umarmung und starrte eine Weile einfach hinauf zum Himmel, zu den Sternen.
Wir gingen wieder zu seinem Haus. Auf dem Weg dahin wechselten meine Gefühle ständig. In der einen Sekunde wollte ich nur weinen, in der nächsten kam die Wut wieder, denn Wut war leichter zu ertragen als der dumpfe Schmerz, der sich in mir ausbreitete. Ich hatte Angst davor, wieder rein zu gehen und auf mein Handy zu schauen. Was, wenn er mir noch immer nicht geschrieben hat? Ich ging ins Zimmer, nahm mein Handy in die Hand. Zitterte.
3 neue Nachrichten.
Ich ließ mich aufs Sofa fallen. Blendete die Welt aus. Es gab nur noch uns beide, ihn und mich, verbunden durch das Telefon in meiner Hand. Ich beruhigte mich. Schrieb mit ihm, bis er sein Handy abgeben musste. Wusste nicht, was ich fühlen und denken sollte. Das war alles zu viel. Die Gesamtsituation meines Lebens zusammen mit der ganzen Last, die N. zu tragen hat. Viel zu viel. Ich war nie besonders stark, hab noch nie viel aushalten können. Aber das muss sich jetzt ändern. Ich muss für uns beide stark sein, versuchen, ihn irgendwie aufzubauen, damit er durchhält.

Warum muss nur immer alles so schwer sein?

Abgenommen: 900g

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen